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  • ab: 18 dezember 2021
  • bis einschließlich: 26 juni 2022
  • Standort: Museum de Fundatie

ROB SCHOLTE - REPRODUKTION VERPFLICHTET

Rob Scholte (geboren in Amsterdam, 1958) ist der König des Copyrights. Abbildungen aus Kunst und Werbung, doch auch aus dem Alltagsleben bilden den Ausgangspunkt seiner Gemälde. Ungeniert nutzt er vorhandene Bilder, die er sich aneignet, indem er adäquate Ergänzungen, Anpassungen und Kontextverschiebungen vornimmt. Er stellt unerwartete Zusammenhänge her und zaubert mit Bedeutungen. Originalität und Eigentumsrechte sind – wie es scheint – für ihn von keinerlei Bedeutung. Reproduktion in jeglicher Form kennzeichnet Scholtes Kunst und gerade diese Reproduktionen bewirken, dass seine Arbeit ein großes Publikum erreicht. „Das am meisten reproduzierte Kunstwerk ist gerade deswegen das wichtigste“, sagte er einmal. Das Museum de Fundatie zeigt eine umfangreiche Ausstellung seiner Gemälde.


Rob Scholte, Der Schrei, 1985, Acryl auf Leinwand, 180 x 150 cm, Courtesy Städel Museum, Sammlung Städelsches Kunstinstitut, Frankfurt am Main, © Pictoright Amsterdam 2021.

Scholte ist der unentbehrliche Exponent der bewegten und ruhmreichen 80er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts. Seine Gemälde tragen zur erneuten Wertschätzung der figurativen Malerei nach dem Modernismus bei, was Abstraktion in seinem Werk übrigens keineswegs ausschließt. Seine Kunst ist gleichermaßen idealistisch wie kommerziell, sowohl alternativ kritisch wie geleckt kitschig, ironisch und todernst sowie vor allem immer – wie eine Art roter Faden – paradox. Scholte ist unwiderlegbar der meist diskutierte niederländische lebende Künstler. Er gehört der internationalen postmodernistischen Strömung an: Historische Themen, literarische Verweisungen, der Einsatz von Ironie, das Spiel mit Wahrheit und Lüge, Stillosigkeit sowie die Anwendung von einander widersprechenden Zitaten aus der Hoch- und Volkskultur sind kennzeichnend für den Geist des 21. Jahrhunderts. Wie kein anderer markiert Scholte den Übergang von modern zu postmodern. Die Thematik seines Œuvres ist der Unterschied zwischen unplugged und connected. Seine Malerei scheint angesichts eines Computers altmodisch und doch macht sie sich im weltweiten Web, das sich Internet nennt, erstaunlich gut.

Rob Scholte, Reproduktion Erforderlich, 1986, Acryl auf Leinwand, 175 x 175 cm, Privatsammlung Berlin, © Pictoright Amsterdam 2021.

Auf Scholtes Gemälde Reproduktion Erforderlich, der Namensgeber der Ausstellung, kämpfen zwei farbige Cherubinen um einen schwarz-weißen Apfel und auf den von Scholte darunter gemalten Kodak color control patches steht geschrieben: „The colors have been selected as representative of those inks commonly used in photomechanical reproduction“. Scholte verfolgt dieses Credo weiter, das man wohl als die Grundannahme seiner Kunst betrachten kann. Sein Stil ist flach und zeigt keine persönliche Handschrift, aber nicht nur das: Auch die Farben bestimmt er anhand von Tinte, wie sie beim Drucken einer fotomechanischen Reproduktion verwendet wird. Durch diese Art des Malens erfindet Scholte die Druckpresse immer wieder neu, Schicht auf Schicht, von hell zu dunkel, dann von dunkel zu hell und umgekehrt, mit immer größerer Präzision und genauer definiert. Er nennt es selbst „Gott hinein malen“. Die von ihm gewählten Themen sind häufig allgemein und gut lesbar, sie knüpfen an die bekannten Massenmedien an. Scholte meidet Tradition und Religion jedoch nicht.

Rob Scholte, Cover, 1986, Acryl und Goldfarbe auf Leinwand, 171,5 x 129,5 cm, Sammlung SCHUNCK, Gemeinde Heerlen, Dauerleihgabe der Cultural Heritage Agency, Foto: Tim Koster, RCE, © Pictoright Amsterdam 2021.

Scholte studierte kurze Zeit an der Academie Minerva in Groningen und der Vrije Academie in Den Haag (1975-1976), bevor er an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam im Fach der audiovisuellen Gestaltung bei Jos Houweling (1977-1981) sein Studium absolvierte. Er nahm an der Eröffnungsschau im besetzten Haus W139 in Amsterdam (1982) teil, wo er im gleichen Jahr mit Sandra Derks später die umfangreiche Rom 87 zeigte, raffinierte Variationen auf ein bei der Hema gekauftes Malbuch für Kinder. In den folgenden Jahren erregte er u.a. bei Galerie The Living Room im Amsterdamer Viertel Jordaan viel Aufsehen mit seinen minutiös gemalten Werken, die sich allen herrschenden Trends widersetzten.

Rob Scholte, On the Origin of Species, 1988, Acryl auf Leinwand, 150 x 150 cm, Sammlung Museum Boijmans Van Beuningen, Rotterdam, © Pictoright Amsterdam 2021.

Scholte gehörte schon bald zur niederländischen Society und stand dauernd im Blickpunkt der Öffentlichkeit. Als Künstler machte er in jener Zeit eine Blitzkarriere, auch international. Er arbeitete im internationalen Rahmen mit Georg Dokoupil und Peter Schuyff zusammen. Nach seiner Teilnahme an der Biennale von Sao Paulo (1983) zeigte er Der Schrei auf der Dokumenta in Kassel (1987). Wenig später wurde er Professor für Malerei an der Gesamthochschule/Uni-Kassel, danach stellte er San Marco-Kitsch als „No expo“ im niederländischen Pavillon auf der Biennale in Venedig aus (1990). Ein Jahr später erhielt er seinen größten Auftrag: Eine 1200 m2 große Malerei in der Nachbildung des Huis ten Bosch in Nagasaki, der er den Titel Après nous le Déluge gab (1991). Das Projekt war ihm wie auf den Leib geschrieben: Seine Arbeit wurde zum einzigen Original in einer Stadt voller Repliken holländischer Architektur in einem Land wie Japan, das ebenso wie Scholte seinen Erfolg einer eigenen Interpretation des Urheberrechts verdankt. Im Jahr 1995 vollendete er dieses Megaprojekt, doch wurde er in der Zwischenzeit Opfer eines Bombenanschlags (24. November 1994). Im ersten Stock des Künstlerhauses Arti et Amicitiae stellte er seinen explodierten BMW aus (1995). Vier Jahre lang arbeitete Scholte mit einer Anzahl Assistenten an den Wand- und Deckenmalereien, deren Ikonografie auf die ständige Wiederholung von Kriegsführung als nicht zu rechtfertigende Treibkraft der Weltgeschichte verweist. Für seine mit Acryl gemalten Werke schöpfte er aus seinem reichhaltigen Archiv von Abbildungen der Kunstgeschichte und der Medien.

Rob Scholte, Verbotene Früchte, 1985, Acryl auf Leinwand, 200 x 200 cm, Sammlung Stedelijk Museum Amsterdam. © Pictoright Amsterdam 2021.

Danach wurde es still um Rob Scholte, eine bewusste Wahl seinerseits. Im Jahr 1988 war er schon nach Brüssel umgezogen, wo er blieb, bis er nach Teneriffa umsiedelte (1995). Erst im Jahr 2003 kehrte er von der Kanarischen Insel in die Niederlande zurück. Vier Jahre nach seiner Rückkehr bezog er das ehemalige Postamt in Den Helder (2007). Er eröffnete dort das Rob Scholte Museum (2013), doch die Gemeinde hatte andere Pläne in Bezug auf das Gebäude. Wohnung, Atelier und Museum Scholtes wurden von der Polizei geräumt (17. April 2018). Das wegen dieses Vorgangs angestrengte Rechtsverfahren ist noch immer im Gange.

Rob Scholte, Question Mark, 1993, Acryl auf Leinwand, 120 x 203 cm, Sammlung SCHUNCK, Gemeinde Heerlen, Foto: Edo Kuipers, © Pictoright Amsterdam 2020.

Museum de Fundatie widmete Scholte bereits früher zwei Ausstellungen: „Silk Cut“ (2011), ein Facelifting der klassischen Kabinette im Kasteel het Nijenhuis und die „Embroidery Show“ (2016) mit 1000 von anonymen Herstellern gefertigten Stickereien, die Scholte kaufte, dann umwendete und signierte. Es hört sich zwar unwahrscheinlich an, aber Scholtes letzte Übersichtsausstellung in den Niederlanden fand vor über 30 Jahren im Museum Boymans-van Beuningen statt (1988). Es war an der Zeit, für Scholte eine Retrospektive einzurichten. Deshalb zeigt das Museum de Fundatie in Zwolle eine Übersichtsausstellung der Gemälde Rob Scholtes mit vielen Leihgaben aus Museums- und Privatsammlungen im In- und Ausland und als Draufgabe neue Werke!


  • ab: 18 Dec 2021
  • bis einschließlich: 26 Jun 2022
  • Standort: Museum de Fundatie

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